Interview zur Prüfungspraxis in öffentlichen Verwaltungen
Gespräch mit Peter Wagner, Vorsitzender des Gesamtpersonalrates der Stadt Wolfsburg
[Stand 11.10.2021]
Welche Bedeutung hat das Thema Prüfungswesen für dich?
Historisch gesehen, erfolgt meine Befassung mit dem Thema schon sehr lange. Vor ver.di-Zeiten hatte ich als Jugend- und Auszubildendenvertreter ein ÖTV-Mandat [Anm. Red.: die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr war eine der ver.di-Gründungsgewerkschaften], das ich seit 2001 als ver.di-Mandat weitergeführt habe. Ich bin nebenberuflich als Lehrkraft am Niedersächsischen Studieninstitut für kommunale Verwaltung (NSI) der zuständigen Stelle nach dem BBiG [Berufsbildungsgesetz] für die Ausbildung in der öffentlichen Verwaltung in Niedersachsen tätig. Hier unterrichte ich Personalwirtschaft mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Tarifrecht unter anderem bei den Auszubildenden der*des Verwaltungsfachangestellten der niedersächsischen Kommunen. Als Lehrender am NSI kam dann der Wunsch bei mir auf, nicht nur zu lehren, sondern auch an den Prüfungen beteiligt zu werden. Ich habe dabei ein sehr interessantes Tätigkeitsfeld gefunden, das mit spannenden Aufgaben aufwartet. Denn das Prüfungswesen ermöglicht den Blick auf das Thema Ausbildung aus verschiedenen Perspektiven.
Insbesondere nehme ich natürlich die Rolle der Arbeitnehmer*innenvertretung war. In diesem Kontext liegt mein besonderer Blick bei den Prüfungen daher auf einem „fairen“ Verfahren, was grundsätzlich auch der Fall ist. Zudem bietet sich aus der Perspektive einer Lehrkraft die Möglichkeit der Reflexion darüber, ob das Unterrichtete auch wie gedacht angekommen ist. Aus der Perspektive der Verwaltung ergibt sich die Möglichkeit, einen Eindruck davon zu bekommen, wie wir ausgebildet haben oder wie sich unsere Nachwuchskräfte darstellen. Schließlich geht es beim Thema Ausbildung um die Sicherung des Fachkräftebedarfs.
In welcher Weise bist du in die Benennung von Prüfer*innen eingebunden?
Ich bin aktuell Vorsitzender des Landesfachbereichsvorstandes Gemeinden in ver.di. Mittlerweile erfolgt bei uns die Benennung von Prüfer*innen direkt durch den ver.di-Fachbereich Gemeinden an das Niedersächsische Studieninstitut.
Im Ergebnis haben wir alle fünf Jahre 40 ordentliche Mitglieder und 40 Stellvertreter*innen zu benennen. Ein geringerer Anteil wird durch den Deutschen Beamtenbund – Tarifunion (komba) benannt. Die Benennung erfolgt über den Landesfachbereichsvorstand Gemeinden. Aber es gibt ja nicht nur das formale Verfahren – es geht auch darum, ver.di-Kolleg*innen für die Prüfertätigkeit zu gewinnen.
Wir bewerben das Thema Prüfungen im Moment sehr intensiv. Für Wolfsburg schaue ich mir an, wer welche Ausbildung hat und möglicherweise geeignet ist. Voraussetzung ist natürlich eine ver.di-Mitgliedschaft und eine satzungsgemäße Beitragszahlung. Ich spreche die geeigneten Personen – von denen ich manche einige Jahre zuvor schon geprüft hatte – an, ob sie Interesse an der Tätigkeit als Prüfer*in haben. Die Reaktionen sind dann natürlich unterschiedlich. Es finden sich Interessierte, die für das Thema offen sind. Manche tun sich aber auch schwer, gerade Jüngere sind häufiger auch unsicher, vor allem wegen der Verantwortung, die sie dann übernehmen müssten.
Welche Erwartung hast du an die ver.di-Kolleg*innen, vor allem auch an das Projekt Prüf mit?
In Niedersachsen bekommen wir das für unseren Bereich ganz gut hin. Da brauchen wir keine weitere Unterstützung. Das Angebot von Prüf mit! für einen Erfahrungsaustausch finde ich spannend. Ich habe den Eindruck, dass die Herausforderung in den gewerblichen Bereichen anders sind als in der öffentlichen Verwaltung. Das erschwert manchmal das gegenseitige Verständnis, aber das gehört eben auch zu einem Austausch.
Wichtig ist mir bei solchen Austauschtreffen aber, dass sie exklusiv für ver.di-Mitglieder angeboten werden. Das hat zum einen Auswirkungen auf die Offenheit des Austausches und zum anderen sehe ich es als ein weiteres Instrument der Mitgliedergewinnung in ver.di.