Digitale Prüfungen in der beruflichen Bildung in der Umsetzung – das Beispiel Handel
Gespräch mit Frau Katarzyna Brunsch, Mitarbeiterin der Zentralstelle für Berufsbildung im Handel e.V. (zbb)
Digitale Prüfungen werden kontrovers diskutiert. Aus diesem Grund wurde vom BIBB-Hauptausschuss eine Arbeitsgruppe zum Thema „Digitale Prüfungen/Antwort-Wahl-Aufgaben“ eingerichtet. Ziel war es, die Musterprüfungsordnungen so anzupassen, dass es eine Rechtssicherheit bezüglich digitaler Prüfungen und Antwort-Wahl-Aufgaben gibt. Auch wenn die neuen Musterprüfungsordnungen verabschiedet wurden, bleiben wir am Thema dran und wollen mit verschiedenen Akteur*innen zum Thema „digitale Prüfungen“ ins Gespräch kommen. Im dritten Teil unserer Interview-Serie gibt Katarzyna Brunsch, Mitarbeiterin der Zentralstelle für Berufsbildung im Handel e. V. (zbb), Einblicke in die praktische Umsetzung digitaler Prüfungen.
Die zbb führt bereits seit Jahren Prüfungen in der beruflichen Bildung durch. Können Sie uns sagen, in welcher Weise das erfolgt?
Ja gerne, wir führen die Prüfung zum Handelsassistenten/ zur Handelsassistentin (zbb) seit 2020 digital durch.
Hierbei handelt es sich um eine Zusatzqualifikation auf Initiative kaufmännischer Berufsschulen in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für Berufsbildung im Handel e. V. (zbb) zur Förderung Auszubildender, die eine kaufmännische Ausbildung absolvieren wie z. B. zum/zur Kaufmann/-frau im Einzelhandel, Kaufmann/-frau für Groß- und Außenhandelsmanagement, Kaufmann/-frau im E-Commerce, Automobilkaufmann/-frau etc.
Die Zusatzqualifikation ist adressiert an leistungsstarke Auszubildende, da parallel zwei Abschlüsse erworben werden mit entsprechend höherem Lernaufwand im Vorfeld. Entsprechend erfolgt die Prüfung der Zusatzqualifikation parallel zur Ausbildungsabschlussprüfung.
Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsteil. Hier wird der schriftliche Prüfungsteil, der aus vier Prüfungsfächern besteht, digital geprüft.
Die Prüfungen finden in den beruflichen Schulen an Computern statt. Wie in analogen Prüfungen auch, kommen die zu prüfenden Personen in einem Klassenraum zusammen, die Aufsicht erfolgt durch das Lehrpersonal der entsprechenden Schule.
Die zbb stellt für die Prüfung die Lernplattform myFlexNet.de bereit, begleitet die Prüfungen und stellt den technischen Support. Sie stellt sicher, dass alle Prüfungsteilnehmer Zugang zu ihren Prüfungsgruppen und den darin befindlichen Prüfungsteilen haben. Die zbb steht zur Verfügung, wenn es zu Komplikationen kommen sollte. Damit ist gemeint, dass z.B. bei einem zu Prüfenden der Computer ausgefallen ist. In solchen Fällen setzt sich die Aufsichtsperson telefonisch mit der zbb auseinander und bespricht, wie zu verfahren ist.
In der Regel ist die technische Begleitung aber unproblematisch und es treten kaum Komplikationen auf. Dies liegt auch daran, dass die Anzahl der zu Prüfenden pro Prüfungsgruppe und Zeitfenster auf 50 Teilnehmer begrenzt ist. Dadurch wird die unterschiedliche technische Infrastruktur der beruflichen Schulen, insbesondere der Leistungsstäke der digitalen Netze, berücksichtigt.
Wie erfolgt die Bewertung der Prüfungen?
Für drei der vier Prüfungsteile werden Multiple-Choice-Aufgaben verwendet. Diese Prüfungsteile werden anhand des von der zbb vorgebenen Noten- bzw. Punkteschemas automatisch bewertet. Die Ergebnisse sind von der zbb einsehbar, Azubis können auch Einsicht in die Ergebnisse beantragen., Im vierten Prüfungsteil „Rechnungswesen“ sind auch Berechnungen durchzuführen. Dieser Prüfungsteil wird ebenfalls automatisch anhand des vorher durch die zbb festgelegten Punkteschemas bewertet. Die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung bilden die Grundlage für die Auswahl des mündlich zu prüfenden Faches. Die Prüfungsteilnehmer erhalten die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung zusammen mit der Einladung zur mündlichen Prüfung. Nach Absolvierung beider Prüfungsteile wird die Gesamtnote festgelegt.
Wie sind die Erfolgsaussichten der Prüfungsteilnehmer bei digitalen Prüfungen?
Die verwendeten Prüfungsaufgaben kommen aus einem großen Pool von Aufgaben. Die konkrete Festlegung der Aufgaben erfolgt durch die zbb und nicht durch die jeweiligen beruflichen Schulen.
Drei Monate vor den Prüfungen erhalten die zu Prüfenden einen Zugang zur Lernplattform, um sich mit der Plattform vertraut zu machen und sich auf die Prüfungen vorzubereiten. Sie können entsprechend der Prüfungsfächer vier Trainingskurse belegen und sich anhand von Übungsaufgaben inhaltlich vorbereiten. Das trägt sicherlich auch dazu bei, dass in der Regel über 90 Prozent der Prüfungsteilnehmer bestehen. Die hohe Erfolgsquote hat aber vermutlich auch damit zu tun, dass in der Regel leistungsstarke Auszubildende an der Prüfung teilnehmen.
Sehen Sie die digitale Prüfung als die Prüfung der Zukunft?
Das kann man so nicht sagen. Es kommt z.B. auf die Komplexität der Prüfungen an, auf das Thema oder auch auf den zeitlichen Umfang einer Prüfung. So kann man Prüfungsaufgaben nur eine begrenzte Zeit am Computer bearbeiten, bei längeren Prüfungen kann eine analoge Prüfung daher besser geeignet sein.
Von daher werden auch zukünftig sowohl digitale wie analoge Prüfungen ihre Berechtigung haben.